Die Führung mit dem Stadthistoriker Anton Tantner findet bei jedem Wetter statt.
Hausnummern scheinen keine Geschichte zu haben, so selbstverständlich, so alltäglich sind sie für uns geworden; ihre Anfänge in der Frühen Neuzeit liegen jedoch im Bemühen der Staaten, ihre Bevölkerung „regierbar“ zu machen und die Kontrolle sowie Verwaltung der in den Häusern lebenden Menschen und ihrer Reichtümer zu erleichtern. Anton Tantner gibt ausgewählten »Konskriptionsnummern« in der Wiener Innenstadt ihre Geschichte zurück und den Stadtflanierenden einen neuen Blickwinkel auf die vertrauten Begleiter des gebauten Alltags.
Sie ist Teil der amtlichen Lagebeschreibung einer Immobilie, festgehalten in Liegenschaftskataster und Grundbuch: die Hausnummer. Klein und unscheinbar hat sie sich an den Häusern festgemacht, scheint keine Geschichte zu haben, so selbstverständlich, so alltäglich ist sie für uns geworden.
Dabei wurden die 1770 vergebenen »Konskriptionsnummern« nicht etwa eingeführt, um den in der Stadt lebenden Menschen oder Fremden die Orientierung zu erleichtern, sondern um gemeinsam mit einer Volkszählung – der »Seelenkonskription« – ein neues militärisches Rekrutierungssystem vorzubereiten. Kein Wunder, dass es wegen dieser obrigkeitsstaatlichen Zielsetzung zumindest vereinzelt zu Widerstandsaktionen gegen die neue Kontrolltechnik kam; doch wusste die Bevölkerung auch, sich die Hausnummern für ihre eigenen Zwecke anzueignen, bis in die jüngste Vergangenheit, wie die Geschichte der Hausnummer »Ballhausplatz 1A« beweist.
Manche der im 18. Jahrhundert vergebenen Nummern sind bis heute an den Wänden der Häuser sichtbar. Die Spaziergangsführung Die Ordnung der Stadt des Stadthistorikers Anton Tantner stellt entlang einer rund zweistündigen Tour durch die Wiener Innenstadt einige der »Konskriptionsnummern« vor und liefert damit Einblicke in die Geschichte vergangener und gegenwärtiger Ordnungssysteme. Von historischen Widerstandsaktionen gegen die neue Kontrolltechnik mit militärischer Zielsetzung bis hin zur Aneignung von Hausnummern in der Gegenwart reicht die Palette der Hausnummern-Flanerie zwischen Ballhausplatz und Walfischgasse. Ihr Ziel ist die »Entfamiliarisierung«, das Fremdmachen des Vertrauten, und damit das Eröffnen neuer Blickwinkel auf die Stadt.
Anton Tantner ist Privatdozent für Neuere Geschichte an der Universität Wien. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Registrierungs- und Identifizierungstechniken, die historische Medienwissenschaft und neue Medien in den Geschichtswissenschaften.
Treffpunkt: Ballhausplatz 2, 1010 Wien, 14 Uhr
Erreichbarkeit: U3 Herrengasse, Straßenbahn 1 Station Dr. Karl-Renner Ring
Die Führung findet bei jedem Wetter statt.
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Stadt-Praxis