Die Milliarden-Stadt
Vom Verlust der Relation in Zeiten der Krise
06.10.2014 19:00 | Festivalzentrale Mobiles Stadtlabor | 4., Karlsplatz/Resselpark | Erreichbarkeit: U1, U2, U4 Karlsplatz, Ausgang »Resselpark« | Präsentation | Vortrag

Vortrag und Präsentation von und mit Beat Weber

Die Finanzkrise hat weltweit Unsicherheit ausgelöst: Über das Funktionieren des Kapitalismus, das politische System, den Zustand der Demokratie, steigende Ungleichheit und individuelle Lebenschancen. Auch in Österreich wird die krisenbedingte Umverteilung spürbar, trotzdem bleiben Vorgänge wie Zahlen unbegreiflich. In welcher Proportionalität stehen die Schulden zu Räumen, in denen wir leben? Und wessen Interessen werden mit der europäischen Austeritätspolitik eigentlich vertreten?


www.milliardenstadt.at

Finanzkrise und kein Ende in Sicht. Während in offiziellen Meldungen ständig von der Erholung der Märkte berichtet wird, hat die massive Umverteilung in vielen Ländern bereits zu einem Kollaps der Grundversorgung mit lebensnotwendigen Leistungen geführt. Auch in Österreich werden Budgetkürzungen quer durch alle Ressorts spürbar. Dabei wird mit Zahlen jongliert, die jeder Relation entbehren und die meisten Menschen nur mit Wut und Resignation zurücklassen – zuletzt bei der Demokratisierung des Hypo-Debakels durch die Regierung.

Der Ökonom Beat Weber zeichnet die Umdeutung der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 zu einer Schuldenkrise nach und spricht über die verpasste Chance, die Rettung des Finanzsektors mit Verteilungsfragen und seiner Regulierung zu verknüpfen. Dass die Folgekosten der Krise die Hauptursache der steigenden Budgetdefizite waren, wurde durch die Behauptung einer »unverantwortlichen« Budgetgebarung als angebliche Ursache einer überbordenden Staatsverschuldung verdrängt. Budget-Konsolidierung konnte sich als wirtschaftspolitische Priorität durchsetzen. Rechtlich verbindlich umgesetzt wurden auf EU-Ebene Reformen, die im Zeichen der Stärkung der neoliberalen wirtschaftspolitischen Architektur des Maastricht-Vertrages stehen, wo v.a. der Stabilitätspakt und die Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitik weiter verschärft werden.

Studierende der TU Wien haben sich selbstorganisiert und in tausenden ehrenamtlichen Arbeitsstunden zum Ziel gesetzt, in Form einer fiktiven Milliarden-Stadt einen greifbaren Maßstab für die Finanzverschuldung herzustellen: »Hypotopia« wird mit einem 19 Mrd. Hypo-Schulden-Budget geplant und als Modell realisiert, um gesellschaftspolitische Fragen aufzuwerfen. Im Kontext der ökonomischen Lage geht es dabei vor allem um die Frage, wie viel soziale und ökologische Nachhaltigkeit in der Milliarden-Stadt erzeugt werden kann. Wie groß ist eine Stadt, die man um diese Summe bauen könnte? Wie steht sie in Zusammenhang mit den Räumen, in denen wir leben? Was leistet sie für ihre BewohnerInnen? Die EntwicklerInnen stellen ihr Projekt vor, bevor es im Herbst als 1:100-Modell aus Beton am Karlsplatz präsentiert wird.

Beat Weber | Beigewum
ist Ökonom und Mitglied des Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen (BEIGEWUM) und sowie Redakteur der Zeitschrift Kurswechsel.

Hypotopia - Milliarden-Stadt
Eine selbstorganisierte Gruppe von Studierenden der TU Wien aus den Disziplinen Architektur, Bauingenieurwesen, Raumplanung und Informatik arbeitet seit Anfang Mai 2014 an der Entwicklung eines Stadtmodells, dessen hypothetische Bau- und Planungskosten jener Summe von kolportierten 19 Mrd. Euro entspricht, die der Staat Österreich für die Pleitebank Hypo-Alpe-Adria aufbringen muss. Das Projekt setzt sich zum Ziel, einen greifbaren Maßstab für die ungreifbare Summe zu erzeugen, um eine öffentliche Diskussion zu stimulieren.


KATEGORIEN
Vortrag | Diskussion, Hypo-Skandal, Finanzkrise, Austerität, Wirtschaftskrise, Staatsschulden, Ökonomie