Die Stadtexpeditionen finden bei jedem Wetter statt. Die Fortbewegung erfolgt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrad. Unkostenbeitrag: Freiwillige Spende für die besuchten Initiativen! Treffpunkt: 16 Uhr, U6 Station Schöpfwerk (pünktlich!)
Verstärkt entstehen in Zeiten des neoliberalen Rückzugs des Staates basisorientierte Räume und Initiativen, die auch als solidarische Antwort auf die ansteigende Unsicherheit in der Versorgung mit sozialen Ressourcen gelesen werden können. Die Stadtexpedition #1 führt zu 3 Räumen des alternativen Umgangs mit den Dingen des alltäglichen Bedarfs, um Erfahrungen auszutauschen und Fragen nach deren Selbstverständnis, dem politischen Potential und den Ambivalenzen, die in der tagtäglichen Arbeit entstehen, aufzuwerfen.
Die Versorgung mit existentiellen Produkten ist weitgehend professionalisiert und über Geldkreisläufe organisiert. Doch immer mehr Menschen stellen das etablierte Konsumkarussell in Frage, wollen oder können daran nicht mehr teilnehmen. Sharing means Caring lautet das Credo und die Kultur des Teilens findet als soziale und ressourcenschonende Alternative zur überbordenden Kosumkultur immer mehr AnhängerInnen. Auch in Wien versuchen sich urbane Initiativen an der Etablierung alternativer Versorgungswege und werfen mit ihrem Engagement Fragen von Versorgungssicherheit, Verteilungsgerechtigkeit, nachhaltiger Produktion und solidarischem Miteinander auf.
Die Stadtexpedition #1: Ressourcen begibt sich auf Forschungsreise zu drei Orten des alternativen Umgangs mit den Dingen des täglichen Lebens: Besucht werden ein Kost-Nix-Laden, als Labor und Mikro-Experiment zur Erforschung von Alternativen zum herrschenden Kapitalismus und Möglichkeiten einer selbstbestimmten und von ökonomischen Zwängen weitgehend befreiten Gesellschaft, und zwei Tauschkreise: Zunächst das Stadtteilzentrum Bassena, das sich seit vielen Jahren mit Tauschkreisläufen und komplementären Währungssystemen in Theorie und Praxis auseinander setzt und seit 2010 aktiv einen Tauschkreislauf im Kabelwerk, Schöpfwerk und in Alt-Erlaa begleitet und der von einer heterogenen BewohnerInnengruppe neugegründete Talentetauschkreis KAESCH auf der Wieden, der in der Anfangszeit seines Bestehens vor existentielle und gleichzeitig alltagsbedingte Entscheidungen gestellt wird.
Kost Nix Laden
Seit Juni 2005 gibt es den "Kostnix-Laden" in 1050 Wien, Zentagasse 26.
Ins Leben gerufen wurde er von der Gruppe W.E.G. (Wertkritische
emanzipatorische Gegenbewegung) und wird von ihr dreimal wöchentlich
betreut. Im Kostnix-Laden kann ohne Geld „eingekauft“ werden, Dinge können ohne
Gegenleistung mitgenommen sowie vorbeigebracht werden. Das Projekt soll
ein direkter Beitrag zur Umsetzung von Alternativen zum Kapitalismus sein
und ökonomische Zwänge reduzieren.
Tauschkreis KAESCH
KAESCH ist ein Marktplatz, auf welchem Waren und Dienstleistungen
getauscht werden. Über ein Buchungssystem werden mit jedem Tausch Punkte
(Währungen) geschoben. Gleichzeitig ist KAESCH ein Verein für
Nachbarschaftshilfe. Beim Tauschen verliert sich die Anonymität und es
entstehen Kontakte und damit Gemeinschaft.
KAESCH auf der Wieden
Der Verein KAESCH besteht derzeit aus fünf Regionalgruppen. Seit 2013 gibt
es auf Initiative der BewohnerInnen auch eine Kaesch-Gruppe im 4. Bezirk
(auf der Wieden).
Stadtexpeditionen
Der schrittweise, neoliberale Rückzug des Staates und die Demokratisierung der Schulden im Zuge der Finanzkrise bedingen für immer mehr Menschen eine erhöhte Unsicherheit im Zugang zu sozialen Ressourcen und öffentlichen Gütern wie Wohnraum, Mobilität oder Bildung. Auch in Städten wie Wien ist diese Botschaft mittlerweile angekommen. Zunehmend bilden sich Räume und Initiativen, die meist selbstinitiiert durch gemeinschaftliche Organisation die Versorgung mit bestimmten Ressourcen und Leistungen sicherstellen, und Möglichkeiten selbstbestimmter Stadtproduktion und solidarischer Handlungsalternativen erproben. Einige dieser Initiativen übernehmen auch vormals staatlich organisierte soziale Funkionen. Dabei pendeln die AkteurInnen oft zwischen Selbstbestimmung und Selbstausbeutung, gleichzeitig eröffnen sie mit ihrer Arbeit neue Perspektiven in der Produktion von Stadt als sozialen Raum und in der Gestaltung ihres urbanen Lebensumfeldes.
Zwei Stadtexpeditionen (6.10. und 8.10.) besuchen einige dieser Orte und sprechen mit den Menschen, die sie vorantreiben: Welche Motivation treibt die Menschen hinter solchen Initiativen? Wie tragen sie zur Sicherung einer alltäglichen Lebensführung bei? Wieviel Zeit, Geld, Wissen ist nötig, um solche Projekte auf die Beine zu stellen? Vor welche Schwierigkeiten, Hürden und Unsicherheiten werden sie gestellt? Wie offen sind diese Räume? Und: Wie verändern sie konkret die Stadt?
Konzeption und Durchführung: Anna Kokalanova und Gerhard Rauscher
Gerhard Rauscher
ist Raumplaner und Aktivist bei „Recht auf Stadt“ Wien. Er organisiert seit mehreren Jahren die Reihe „Stadt(er)forschung“, die sich in unregelmässigen Abständen der thematischen Erkundung von urbanen Räumen mit dem Ziel der Selbstaneignung von Stadt(geschichte) widmet.
Anna Kokalanova
ist Stadtplanerin und Stadtforscherin. Derzeit ist sie an der TU Wien als Koordinatorin vom future.lab tätig und arbeitet an ihrer Dissertation „Beyond Ghettoization: Arrival of Bulgarian Roma as a mode of urban transformation in Berlin, Sofia and Vienna“.
KATEGORIEN
Stadt-Praxis